Samstag, 19. September 2015

Leichte Flocken und schwere Gedanken

Manchmal sieht der Himmel aus, als hätte jemand Zitronensaft in ein Glas Milch gegossen. Wir sagen dazu "die Milch flockt" und genau so verhalten sich dann auch die Wolken. Ihr wisst nicht, was ich damit meine? Das hier:

Die Bilder habe ich gegen neun Uhr morgens an einem schönen, sonnigen Tag aufgenommen.

Noch früher am Tag, nämlich gegen halb sieben, hat mich dieses Farbenspiel vom Frühstückstisch mit der Kamera auf den Balkon gelockt. Das ist der Vorteil der Jahreszeit mit den kürzeren Tagen: Man ist zum Sonnenaufgang schon wach.

Nur eine Viertelstunde später sah der Himmel bereits so aus und noch ein wenig später waren sie Morgenzauberfarben verschwunden und der Himmel war "nur" noch blau.

Fast jeden Tag zogen aber später graue Wolken auf und schickten immer wieder Regenschauer übers Land. Und genauso gemischt wie das Wetter waren auch meine Gefühle und Gedanken zur aktuellen Situation in unserem Land. Mir fällt es zugegebenermaßen immer schwerer, in der Flüchtlingsfrage zwischen richtig und falsch zu unterscheiden, mich eindeutig zu positionieren, eine Idee für eine Lösung zu entwickeln. Ich merke, dass ich viel zu wenig weiß und mir eigentlich nur meine persönliche Einstellung bleibt, um mir eine Meinung zu bilden. Mich treiben so viele Fragen um, auf die ich keine Antwort finde, auf die es vielleicht auch gar keine Antwort gibt. Warum exportiert Deutschland Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete? Warum wird nichts gegen Schlepperbanden unternommen? Und wie könnte das aussehen? Wie viele Menschen kann Deutschland aufnehmen? Wie viel Geld kostet das und wie viel ist da? Welche Maßstäbe sollen wir für Unterbringung und Integration ansetzen, wie viele Abstriche müssen wir an unseren Idealen dabei machen? Sollen wir alle aufnehmen, die in Not sind oder machen wir nach einer bestimmten Anzahl die Grenzen dicht? Darf es uns egal sein, wie viele noch da draußen warten? Können wir die Länder vor Ort besser unterstützen? An welchen Stellen geben wir die falsche Unterstützung? Wie viel Verantwortung haben wir für diejenigen Menschen, deren Not durch unseren Lebensstil entstanden ist? Wie viel Anpassung können wir verlangen? Wie viel ist nötig, um ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten? Was genau ist eigentlich Integration? Wie kann der Arbeitsmarkt auf die aktuelle Situation vorbereitet werden? Welches Wissen benötigen Arbeitsvermittler, Sozialarbeiter, Ärzte, Pädagogen und Behördenmitarbeiter für die Bewältigung der bevorstehenden Aufgaben? Warum wirken Politik und Verwaltung völlig unvorbereitet? Warum hat man das Gefühl, es passiert viel zu wenig und das auch noch viel zu langsam?
Dazu kommen diverse Gerüchte, Verschwörungstheorien, Meinungen, die ich nicht einordnen kann. Was sind die wahren Motive der Regierungen der Welt bei dem, was sie tun oder auch nicht tun? Hätte man vorher wissen können, was gerade passiert? Ist der IS wirklich, wie manche sagen, vom irakischen Militär eingesetzt worden? Oder gar von den USA finanziert, wie mir zwei Musliminnen versichert haben? Hat irgendjemand vor, den Islam in Europa zu verbreiten, so wie es die Christen während der Kreuzzüge  versucht haben und mittels Missionierung nach wie vor tun? Steigt die Kriminalität rund um Asylbewerberunterkünfte, wie sich Anwohner beschweren, oder ist dem überhaupt nicht so, wie die Polizeistatistiken vermitteln?
Wem kann man im Moment noch glauben? Werden wir objektiv informiert oder werden die Informationen gefiltert? Hat überhaupt irgendjemand den vollen Überblick? 

Je mehr ich darüber nachdenke, lese, höre, mich damit befasse, desto mehr habe ich das Gefühl, so gut wie gar nichts zu wissen. Wie soll man sich aber eine Meinung bilden oder gar Entscheidungen treffen, wenn man dafür gar keine Grundlage hat? Ich kann nur hoffen, dass es den Verantwortlichen nicht genauso geht...

Verlinkt bei In Heaven.

1 Kommentar:

Karen hat gesagt…

Tolle Himmelsbilder hast Du gemacht! Wir sind ja nicht so weit weg von uns, deswegen habe ich diese Woche auch ähnliche Bilder auf meiner Speicherkarte ;-)
In den letzten Tagen waren die Sonnenaufgänge irgendwie ganz speziell, vielleicht weil dann so oft doch dunkle Wolken und Regen folgten. Um so mehr habe ich es genossen, den neuen Tag mit einem Farbenschauspiel am Himmel zu begrüßen!

Was die aktuelle Lage in der Welt angeht, empfinde ich sehr ähnlich wie Du. Wem kann man glauben, wer berichtet schon neutral, was kann ich als einzelne da schon ausrichten... Was ich aber kann, ist einfach den Menschen, die ganz konkret hier vor Ort, also hier im Städtchen, gelandet sind, helfen! Für diese Menschen haben alle aktuellen politischen Diskussionen nämlich derzeit gar keine Auswirkung, sie sind einfach hier und müssen ganz neu anfangen. Da wird mein altes Fahrrad gebraucht, Kleidung, Spielzeug oder auch einfach ein herzliches Lächeln und der Versuch von Gesprächen wie heute morgen im Gottesdienst! Auf dieser Ebene kann ich etwas tun und das tut gut.

Liebe Grüße,
Karen

PS: Danke für Deine Glückwünsche! Ja, dafür hat D. intensiv trainiert. Momentan dreimal pro Woche und Freitags auch noch doppelt, weil er nochmal bei den Erwachsenen mittrainiert. Und ich fahre hin und her und hin und her... ;-) Zum Glück machen außer mir alle in der Familie Judo, das bündelt die Wege dann wieder.

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