Ich könnte mich gerade sehr aufregen! Als ich vorhin die Kinder aus Schule und Kita abgeholt habe, war der Bus mal wieder ziemlich voll. Nach zwei Haltestellen wurde es dann deutlich leerer und mein Großer setzte sich. Ich stand mit dem Kleinen zwei Sitzreihen weiter. Plötzlich stand der Große weinend neben mir und erzählte, eine Frau hätte ihn ausgeschimpft, weil er sich hingesetzt hatte. Daraufhin bin ich zu dem betreffenden Ehepaar gegangen und habe sie, betont höflich, neutral und sachlich (!) gebeten, das Vorkommnis noch einmal aus ihrer Sicht zu schildern. Sofort wurden beide total pampig und riefen nur noch wüste Beschimpfungen aus. "Erziehen Sie mal Ihre Kinder richtig, bevor Sie uns was sagen!", "Wir wussten früher noch, dass man für Erwachsene aufsteht!" waren nur einige davon. Ich habe Ihnen entgegnet, dass das gerade nicht sehr sachlich ist, und dass ich es durchaus richtig finde, für alte oder kranke Menschen aufzustehen, aber nicht für JEDEN Erwachsenen. Dann mussten wir (zum Glück!) aussteigen, aber ich habe den beiden (immer noch total beherrscht und sachlich) noch mit auf den Weg gegeben, dass sie sehr gesund aussehen und darüber auch froh sein sollten. Sie waren um die 60 und sahen sehr fit aus. Außerdem ist meine Meinung: Wer noch so schimpfen kann, dem kann es nicht so schlecht gehen!
Eine Einsicht gab es natürlich nichtmal ansatzweise, naja, kann man wohl nicht erwarten. Sie waren halt, wie leider viele andere auch, der Meinung, ein verbrieftes Recht auf einen Sitzplatz im Bus zu haben. Problematisch dabei finde ich drei Dinge:
1.) Sie gehen anscheinend von vornherein davon aus, dass das Kind schlecht erzogen und frech ist und absichtlich sitzen bleibt.
2.) Daher halten sie natürlich einen höflichen Tonfall nicht für nötig (und eben diese Höflichkeit fordern sie ja für sich selber ein!!!). Sie motzen unschuldige Kinder an, die vielleicht gerade geträumt oder aus dem Fenster geschaut und noch gar nicht gesehen haben, dass jemand neben ihrem Platz steht.
3.) Mit solchen unschönen Aktionen erzeugen sie ganz bestimmt keine Sympathie und kein Verständnis. Ganz im Gegenteil: Wird man von so jemandem derart unmöglich behandelt, überlegt man es sich doch beim nächsten Mal zweimal, ob man für so eine Person aufsteht. Diese Leute setzen also eine Negativspirale in Gang.
Naja, ich bin jedenfalls ziemlich stolz auf mich!
Ich habe mich dazu überwunden, die Leute direkt anzusprechen. Und das hat mich echt große Überwindung gekostet. Aber ich habe mir gedacht: Das ist dein Kind, das musst du jetzt verteidigen!
Ich bin ganz ruhig und höflich geblieben, obwohl ich ihnen am liebsten im gleichen Ton geantwortet hätte.
Und ich habe mich nicht die Bohne um die anderen Fahrgäste gekümmert, habe nichtmal ansatzweise daran gedacht, dass ich ja viel Publikum habe.
3 Kommentare:
Hllo Regine,
das hast du gut gemacht.Ich bin auch der Meinung man muß nicht für alle aufstehen. Ein Kind ist doch auch ein Mensch der vielleicht mal müde ist und nicht mehr stehen kann.
Ich kann deinen Ärger jedenfalls verstehen.
Bei uns hieß es frühere auch für Schangere soll man aufstehen, aber wer von den gesuden alten Herren und Damen macht das ?
LG Elisabeth
Gut gemacht!!! Ich hatte als junges Mädchen selber mal so eine Situation: Straßenbahn, fast leer, ich saß auf einem Gehbehindertenplatz (auf den aber NIEMAND Anspruch hat, es ist nur eine Empfehlung). Eine ältere Frau stieg ein - in der Mitte - und ging nach vorne zu diesem Platz, an genz vielen freien Plätzen vorbei. Dann hat sie angefangen mich anzuranzen. Ich bin auch ganz ruhig geblieben und hab sie gebeten, sich doch auf einem der freien Plätze zu setzten. OH da war die Hölle los, ich wäre frech und hätte keine Disziplin. Da sind leider mit mir die Pferde durchgegangen und ich wurde wirklich frech: Ich hab zu allem übel noch gefragt, ob sie überhaupt einen Schwerbehindertenausweis hat. Die Frau hat nur nach Luft geschnappt... Ein weiteres Ehepaar hat sich bald kaputt gelacht, als ich der Frau dann Platz machte, ihr meinen Schwerbehindertenausweis zeigte und mich keinen Meter weiter wieder hinsetzte, wie gesagt, die Bahn war fast leer.
Ja, so ist das, wenn man grundlos angeranzt wird, ist es verständlich, daß unsere Kinder nicht gerade einfach lernen werden, wie man sich verhält Mitmenschen gegenüber, egal wie alt oder welche Nationalität oder Religion.
GLG Sylke
Gut gemacht! Ob ich mich getraut hätte...? Ich finde das ja auch eine bodenlose Frechheit. Ich glaube, wenn ich was gesagt hätte, wäre ich dann auch pampig geworden. So geht man doch mit Kindern nicht um! Wo bleibt deren Erziehung? Aber mit dem Aufstehen ist das so eine Sache. Wer macht das schon? Und viele junge Leute haben das wohl auch nicht beigebracht bekommen. Wie oft hab ich schon mit Riesenkullerbauch in der Straßenbahn gestanden. Oder man steigt mit wirklich kleinen Kindern wie unserer Minimaus ein, die noch nicht so stabil stehen in der fahrenden Bahn - da steht keiner auf. Ich bringe es unseren Kindern jedenfalls bei. Sie dürfen noch sitzenbleiben in ihrem Alter, aber ich stehe auf und erkläre auch warum. Das Theater um einen Behindertenplatz in der relativ leeren Bahn hab ich auch schon mal mitbekommen. Bei manchen Leuten piepts halt, da kann man nix machen. Die brauchen das, um sich wichtig zu fühlen. Wenn das alles ist, was sie haben ... Toll fand ich neulich auch, als ich mit Buggy unterwegs war und eine alte Bahn mit Treppe kam. Der kräftig aussehende Mann, den ich um Hilfe gebeten habe, sagte äußerst zuvorkommend: "Wenn's sein muss ...".
Na ja, die Welt ist leider so. Genieße deinen Stolz auf deine eigene Reaktion und vergiss diese ... Nein, ich sag's nicht laut. ;-)
LG Doro
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