Hu, war das eine nasse, kühle Woche! Vom Sommeranfang war so gar nichts zu spüren! Aber wenn der Alltag ruft, kann man aufs Wetter keine Rücksicht nehmen und muss trotzdem raus. Mehr als einmal bin ich dabei bis auf die Haut durchnässt gewesen, aber zum Glück auch immer wieder getrocknet *lach*. Manchmal konnte ich den Regenschauern aber auch etwas Gutes abgewinnen: So musste ich mich die ganze Woche nicht ums Gießen von Blumen und Gemüse kümmern und hatte einige wunderschöne Fotomotive für
Katjas Wolkenbilder (so wie der herrlich bunte Morgenwolkenhimmel über unserem Balkon [oben] und die leuchtenden Wolkenfetzen über dem Turm der Frauenkirche [unten]).
Andererseits passte die dichte Bewölkung mit einigen kleinen Sonnenstrahlen dazwischen auch gut zu meiner Stimmung, die zwischen Hoffen und Bangen, Erleichterung und Verzweiflung schwankte. Leider überwog am Ende die traurige Gewissheit, mit unserem Problem noch kein Stück weiter gekommen zu sein. Unserem kleinen Schulkind geht es in der Schule immer schlechter und auch die Beziehung zur Lehrerin ist größtenteils durch Vorwürfe und Abwertungen, aber leider auch nach zwei Jahren nicht durch eine gute Zusammenarbeit zum Wohl des Kindes geprägt. Die ADHS-Diagnose wurde nicht anerkannt, der Nachteilsausgleich nicht gewährt. In einem unfassbar abwertenden Gespräch mit einer Förderschullehrerin wurde unser Kind wörtlich als "fauler Blender" bezeichnet, der bitte in der Schule "richtig rangenommen" werden sollte. Wir wurden allen Ernstes gefragt, ob uns denn klar wäre, dass Üben beim Lesen und Schreiben notwendig sei und ob wir wenigstens manchmal mit unserem Sohn Hausaufgaben machen würden. Ich war so entsetzt, dass mir keine Antworten einfielen.
Ein Sonnenstrahl zeigt sich für uns, als wir wenigstens an einer der Dutzenden (!) Schulen, an denen wir unser Kind fürs neue Schuljahr angemeldet haben, einen Gesprächstermin erhielten. Alle anderen Schulen hatten bereits auf unsere Mails, Anrufe und Aufnahmeanträge postwendend abgesagt. Man sei voll, hieß es überall. Wahlweise auch, man habe mit den ausländischen oder Integrationskindern schon genug Probleme.
Dass dieses Gespräch nun auch noch an unserer Wunschschule, nämlich einer der beiden Dresdner Waldorfschulen, stattfand, freute uns ganz besonders. Leider hielt diese Freude und damit leider auch die Vorfreude unseres kleinen Schulkindes nur einen Tag lang, bis auch von dort die Absage kam. Dabei sollte er die ganze nächste Woche zum Schnuppern hinkommen. Es tat mir so leid, ihm von der Absage erzählen zu müssen!
Stark und wie ein Fels in der Brandung müssen wir für unser(e) Kind(er) sein, dabei sind wir selbst ganz verzweifelt, schlafen schlecht und grübeln ununterbrochen, was nach den Sommerferien nun werden soll. Allein - wir haben es nicht in der Hand. Es sei denn, wir halten uns an den "dezenten" Hinweis, den wir jetzt bereits von zwei Pädagoginnen erhalten haben: "Wandern Sie doch aus, in vielen umliegenden Ländern gibt es die Möglichkeit, Kinder zu Hause zu beschulen."
Das Verrückte: Vor der Schule ging es unserem Kind noch gut. Seit dem Schulanfang kommen immer neue Probleme und Verhaltensweisen hinzu, die wir von ihm nicht kannten und die seinem Naturell teilweise komplett widersprechen. Seitdem hören wir ununterbrochen, wir trügen die alleinige Schuld daran, wir wären eben unfähig, unser Kind gut zu erziehen. Wir haben daraufhin ein enormes Programm losgetreten, stecken einen Großteil unserer Zeit, Kraft und auch eine Menge Geld in Therapien aller Art. Nur der Erfolg, der bleibt aus. Auch nach einem Jahr mit zwei bis vier Terminen pro Woche. Zu schaffen ist das überhaupt nur, weil wir entschieden habe, dass ich nach dem Ende meines Studiums keinen Beruf ergreife, sondern mich ausschließlich ums Kind kümmere. Ich tue das gern für ihn - finde es aber gleichzeitig traurig, dass es überhaupt nötig ist.
Nun waren wir ja drei Wochen zur Kur. Das bedeutete nicht nur drei Wochen Abstand von allem hier, sondern auch drei Wochen Kinderbetreuung à sieben Stunden täglich mit rund dreißig anderen Kindern von sechs bis zwölf Jahren. Also beileibe keine Sondersituation mit wenigen Kindern bei 1:1-Betreuung. Und dennoch: Ich hatte drei Wochen lang ein liebes, ruhiges, unauffälliges Kind, dass keine einzige der von der Schule beklagten Verhaltensweisen zeigte. Und über dessen Diagnose sowohl Ärzte als auch Pädagogen und Mitpatientinnen nur den Kopf schütteln konnten. Unruhe im Speisesaal, herumrennende Kinder, die ständig vom Tisch aufsprangen? Andere, nie meines. Zappelige Kinder bei der Mama-Kind-Entspannung? Meins lag 45 Minuten lang ganz ruhig da, ließ sich massieren, Geschichten erzählen, massierte mich. Bemalte T-Shirts und Seidentücher, spielte mit mir und anderen Kindern ein Brettspiel nach dem anderen, baute mir einen indischen Elefanten aus Holz, schmirgelte Speckstein. Geduldig, bis zum Ende.
Einzig sein sehr angeschlagenes Selbstwertgefühl fiel auf, weil er sich nach zwei Jahren dauernder Misserfolge und Abstrafungen in der Schule kaum noch etwas zutraut. "Ich lerne sowieso nicht besser lesen", sagt er schon selbst, "ich lese nur noch, um das Wenige, was ich bisher gelernt habe, nicht wieder zu vergessen". Ich könnte heulen, wenn er so etwas sagt. Und die Lehrerin? Sagt, wenn er doch mal einen Erfolg hat, beim Bankrutschen gewinnt: "Ich hätte es ja besser gefunden, du hättest verloren!" (Wurde uns im Elterngespräch auch noch einmal so gesagt.) Unfassbar? Für unseren Sohn tägliche traurige Realität.
Dann die Rückkehr in die Schule nach der Kur: Keine Begrüßung, kein Nachfragen, wie es war, nicht einmal einen Sitzplatz hatte er mehr. Wie kann man nur so gemein zu einem Achtjährigen sein? Und wie kann man als Mutter sein Kind tagtäglich einer so abwertenden Umgebung ausliefern, an Menschen, die nur seine Schwächen sehen, ihm aber jede Stärke, jede positive Eigenschaft absprechen? Ich hadere schon sehr lange genau damit und bewundere Familien, die sich der Schulpflicht widersetzen. Leider ist das in Deutschland nur möglich, wenn man auf Weltreise geht - oder man hat mit sehr ernsthaften Konsequenzen zu rechnen, von denen hohe Geldstrafen noch das Harmloseste sind.
Und jetzt? Jetzt bleibt das Kind zu Hause. Krank. Ich schicke es nicht wieder dorthin. Und wenn wir bis August nichts Neues gefunden haben? Dann weiß ich auch nicht weiter. Vielleicht muss ich dann doch auf Weltreise gehen. Oder nach Polen ziehen...