Samstag, 31. Januar 2015

Besuch im Flüchtlingswohnheim

In der kommenden Woche eröffnet hier ganz in der Nähe ein Übergangswohnheim für Menschen aus verschiedenen Staaten Afrikas. Dort fand gestern ein Tag der offenen Tür für Anwohner statt. Ich habe die Gelegenheit genutzt, mir das Heim anzusehen. 


Einerseits wurde alles saniert und neu gekauft, von den Möbeln bis zum Geschirr. Dafür ist das Heim wenigstens nicht so groß, es hat Platz für 40 Menschen, das hilft sicher auch. Und es liegt sehr zentral, ist gut an den ÖPNV und Einkaufsmöglichkeiten angebunden. Es ist alles ordentlich und sauber und neu, aber ich denke, idealerweise sollte man dort nur für kurze Zeit wohnen. Ich glaube jedenfalls, dass ich sehr schnell einen Koller kriegen würde, wenn ich für längere Zeit so eng mit fremden Personen zusammenleben müsste. Da die Asylverfahren in Dresden derzeit 15 Monate dauern, ist dies also der Zeitraum, den die Menschen mindestens in diesen Verhältnissen verbringen.
Der Verein "Willkommen in Löbtau" und das Jugendhaus gegenüber sind sehr aktiv, veranstalten Infoabende, werden mit den Bewohnern gemeinsam kochen, organisieren Hilfsangebote und versuchen intensiv, sie ins Leben hier einzubinden.


Andererseits ist es hier sehr, sehr eng mit null Privatsphäre, und das dann für evtl. wildfremde Menschen. Die Bewohner werden aus vier verschiedenen afrikanischen Staaten kommen, aber ob das als Gemeinsamkeit reicht?
Die Küchenzeile steht im Flur, einen Essplatz gibt es nicht, nur einen winzigen Tisch pro Zimmer. Die Betten stehen ohne Lücke aneinander, so dass man entweder die Füße des anderen direkt vor der Nase hat oder Kopf an Kopf schläft. Im Bad kann zwischen Klo, Dusche und Waschbecken gerade so eine Person stehen. Durch die Enge gibt es keine Möglichkeit, einen Wäscheständer in den Wohneinheiten aufzustellen, nur im Wäschekeller. Besteht dort die Gefahr, dass Wäsche geklaut wird? Ich weiß es nicht, habe es aber selbst schon in unseren Wohnhäusern erlebt.
Es gibt auch keinerlei Technik, TV, Radio oder so, obwohl in den Hinweisen für die Bewohner extra steht, sie sollen fernsehen und Radio hören, um sich an die Sprache zu gewöhnen.



Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Ich möchte nicht mit einer sehr vorurteilsbehafteten Brille herangehen und von Vornherein sagen: "Das kann ja gar nicht gut oder gut genug sein." 
Aber was ist gut? Was ist genug in solch einer Situation? Die Sächsische Zeitung schreibt: "Die Zimmer sind klein, aber völlig ausreichend". Wer entscheidet das? Es gibt eine gesetzliche Regelung, nach der jedem Flüchtling 6m² zur Verfügung stehen. Das wird hier erfüllt, wenn auch nur ganz knapp. Zum Vergleich: Das Mindestmaß für eine Gefängniszelle sind 6-7 m² pro Person, in einem Büro sind es sogar 8-10m² bzw. 12-14m². 
Dennoch gab es gestern Besucher, die meinten, alles wäre viel zu schick und viel zu teuer und sie selbst würden nicht so wohnen.

Wir werden sehen, wie sich alles entwickelt. Ich hoffe, gut!


Mittwoch, 28. Januar 2015

Ein Schwergewicht beim Pingpong



http://www.schreibtischwelten.de/2015/01/06/einladung-zum-bilder-pingpong-eine-neue-mitmachaktion/

Ein Bild hin, ein anderes her - Pingpong eben. Aber nein, das trifft es noch nicht ganz. Ein Bild hin - ok, das stimmt. Aber zurück kommt kein gänzlich anderes, sondern das Ursprungsbild in veränderter Form. Eine tolle Aktion, die sich Ghislana und Lucia da ausgedacht haben, vor allem für verspielte Menschen wie mich :-)
Jeden 1. Dienstag im Monat gibt es ein neues Bild von den beiden, das nach Herzenslust bearbeitet werden darf. Am Monatsende werden dann all die kreativen Ergebnisse gesammelt.

Das hier ist die Januar-Vorgabe:


Und das habe ich draus gemacht:


Eine schöne Spielerei zwischendurch, sowas liebe ich ja!


Vielen lieben Dank übrigens für eure vielen Kommentare und langen Mails zu meinen letzten beiden Posts! Ich habe mich sehr darüber gefreut! Vor der Veröffentlichung meines politischen Posts vergangene Woche hatte ich große Sorgen, dass er mir auch viel negative Kritik oder gar Beschimpfungen einbringen könnte, was leider in anderen Formaten häufig der Fall ist, wenn man sich zu diesem Thema äußert. Erreicht haben mich allerdings ausschließlich sehr positive Rückmeldungen, eigene Geschichten und Erfahrungen, das finde ich ganz toll!
Überrascht hat mich auch euer Feedback zu meinem Wanderpost. Ich hatte ja vermutet, dass die meisten weniger ängstlich sind als ich und öfter mal allein losziehen. Aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein! Das beruhigt mich ja ungemein!

Lasst es euch gut gehen, trotz des Schneeregens bei 2°C (so sieht's zumindest hier aus)!

Sonntag, 25. Januar 2015

Mein erstes Mal: Wandermut

Die Elbe bei Bad Schandau im Morgennebel

Am vergangenen Wochenende habe ich eine Premiere erlebt: Ich war zum allerersten Mal ganz allein wandern. Vielleicht finden das einige von euch jetzt gar nicht so ungewöhnlich oder sogar ganz selbstverständlich. Aber für mich war es etwas Besonderes. Ich bin weder sehr mutig noch gern allein. Einen Wald, und sei er noch so schön, kann ich nur mit anderen gemeinsam genießen. Allein trau ich mich da nicht hin. Von der Selbstmotivation, erst einmal dorthin zu kommen, ganz zu schweigen.
Letzte Woche dann - das kleine Schulkind war mit Oma und Opa in Oberwiesenthal Ski fahren - beschlossen der Lieblingsmann und das große Schulkind, eine Männerradtour durch die Sächsische Schweiz zu machen. Ich radel auch ganz gern durch die Gegend, aber möglichst viele Kilometer oder gar Höhenmeter brauche ich wirklich nicht. Und zu tun hab ich hier auch immer genug. Also ließ ich die beiden zu zweit planen. Als ich dann aber am Sonntag Morgen aus dem Fenster schaute und blauen Himmel und Sonnenschein erblickte (wann hatten wir das eigentlich zuletzt mal?), zog es mich doch raus ins Freie. Kurzentschlossen machte ich mich innerhalb von 10 Minuten ausgehfertig (ich war noch im Schlafanzug!), um die S-Bahn der beiden auch noch zu schaffen. Wir fuhren zusammen bis Bad Schandau, setzten mit der Fähre über die Elbe und verabschiedeten uns. 

Ein Hauch Italien und erotische Kunst in Bad Schandau.

Erinnerung ans große Hochwasser 2002 und andere Fluten finden sich überall.

Durch meine Spontaneität hatte ich überhaupt keinen Plan, wie es nun für mich weitergehen könnte. Eine Karte konnte ich in der Eile auch nicht mehr einpacken. Ich lief also einfach der Nase nach durch den Ort und dachte, irgendwann würde mir schon ein Wegweiser in die Natur begegnen. Zuerst lief ich scheinbar in die völlig falsche Richtung, denn die Häuser wurden zwar immer kleiner, aber einen Weg in den Wald fand ich nicht. Also drehte ich kurzerhand um, durchquerte abermals die Ortsmitte und lief in die entgegengesetzte Richtung weiter. Plötzlich sah ich das Schild, das zur Haltestelle der Kirnitzschtalbahn wies und folgte ihm begeistert. Aber ob die historische Straßenbahn heute auch fuhr? Schließlich ist absolute Nebensaison. Ich hatte Glück: Bei der Bahn gibt es keine Saison und sie fuhr nur 20 Minuten später ab. 
 
Freude über die Kirnitzschtalbahn und schöne Ortsnamen

Ich beschloss, bis zur Endstelle mitzufahren und von dort aus zurückzulaufen. Also stieg ich mit einer Handvoll anderer Menschen am Lichtenhainer Wasserfall aus, verweilte kurz dort, fotografierte ein junges Pärchen und sie mich, dann ging es per Pedes weiter. 




Mann und Kind nahmen währenddessen die Radroute, die zwar nicht über Stock und Stein, aber dafür reichlich herausfordernd über Berg und Tal führte. Mein Weg war nicht nur still und einsam (kein Mensch war bei knapp über null Grad dort unterwegs), sondern vor allem sehr schön. Ich wanderte auf dem sogenannten Flößersteig, der direkt neben dem Flüsschen Kirnitzsch entlang führte und sehr abwechslungsreich war.

Mal ging es über dicke Wurzeln oder eine dichte Schicht Buchenlaub, mal durch Schlamm und Matsch, dann wieder an feuchten Wiesen ("Nasser Grund" genannt) oder auf Waldwegen hoch über dem Flusstal entlang. Meine Winterstiefel waren dabei nicht ganz die perfekten Begleiter, bei etwas ausführlicherer Wegplanung hätte ich sicher auf meine wasserfesten Wanderschuhe zurückgegriffen. (Aber dann hätte ich auch das Kleid weglassen und mich also komplett umziehen müssen und dann hätte ich die S-Bahn nie und nimmer mehr gekriegt *lach*). Auch die Handtasche würde ich beim nächsten Mal gegen einen Rucksack eintauschen ;-)

Entgegen meinen Befürchtungen genoss ich das Alleinsein im Wald sehr und hatte erstens durch das freundliche und helle Wetter und zweitens durch das Wissen um meine Familie in der Nähe gar keine Angst. Ich konnte ganz in meinem eigenen Tempo gehen (was ziemlich schnell war), aber auch jederzeit anhalten und mich umsehen oder nach Fotomotiven Ausschau halten (was ziemlich oft war). Gleichzeitig wusste ich, dass fast direkt neben meinem Weg einmal pro Stunde die Bahn fuhr und ich jederzeit zusteigen konnte, wenn ich keine Lust mehr hatte. 

Wächst da in der Dachrinne die nächste Generation Weihnachtsbäume?

Vorbei ging es an leider ganz verfallenen Häusern mitten im Wald und an Steinformationen mit Moos oder Flechten, so leuchtend wie Graffiti.

Die Sonne kam nicht bis ganz auf den Boden des Tals, aber die Berggipfel und Baumwipfel leuchteten hell und der Wald war so grün, dass man den Winter kaum spürte. Beim Gehen wurde mir außerdem so warm, dass ich schließlich mit offener Jacke ging und mir wünschte, ich hätte weniger angezogen.

Einige Wurzeln sahen aus wie verwunschene Zauberwesen.

Überall an Stämmen und Zweigen entdeckte ich bizarre Pilze und anderen Bewuchs.

Wunderschöne Spiegelungen in den Pfützen und Wasserläufen des "Nassen Grunds"

Zur Verpflegung hatte es morgens nur noch für eine kleine Flasche Wasser gereicht, aber ich hatte auf dem Hinweg ein nettes Gasthaus im Wald entdeckt, das ich bei größer werdendem Hunger einfach ansteuern könnte. Gegen zwei Uhr mittags kam ich dann im Forsthaus an und bestellte mir einen Teller hausgemachter Semmelknödel mit Pilzen und zum Nachtisch warmes Pflaumenkompott mit Zimt und einer Kugel Walnusseis. Hmmmm! Sehr empfehlenswerte gehobene Küche inkl. vieler Wildgerichte aus einheimischer Jagd auf der Karte!

Vom Forsthaus nahm ich die Bahn zurück nach Bad Schandau, stieg in den Schienenersatzverkehr nach Pirna, fuhr von dort aus mit der S-Bahn zum Dresdner Hauptbahnhof und schließlich noch mit dem Rad nach Hause. Der Rest der Familie wartete schon dort auf mich. Ich war ziemlich geschafft, aber sehr glücklich über meinen gelungenen Tag in der Natur. Und stolz auf meinen Mut, völlig spontan und planlos und allein loszugehen. Das mach ich mal wieder!

Wald in der Abendsonne



Dienstag, 20. Januar 2015

Dresden gegen den Rest der Welt


Wer hier schon länger mitliest, weiß, wie sehr ich meine Wahlheimatstadt Dresden mag. Seit wir vor knapp sechs Jahren von Leipzig hierher gezogen sind, erkunden wir Stadt und Umland in allen Facetten. Ausstellungen und Museen, Feste und Feiern, Elbwiesen und Wälder, Kirchen und Konzerte, Dampferfahrten und Weihnachtsmärkte, Wandern und Klettern - es gibt hier nichts, was es nicht gibt (ok, außer wirklich schönen Badeseen, da ist Leipzig ganz klar im Vorteil).
Doch im Moment steht Dresden nicht wegen seiner großartigen kulturellen oder architektonischen Vielfalt im Rampenlicht, sondern wegen eines vorbestraften Mittvierzigers, Herrn B., der mit seinen fragwürdigen Ansichten und Parolen seit Dezember immer mehr Menschen um sich schart, um für und gegen alles Mögliche (und Unmögliche) hier in der Stadt "spazieren zu gehen"*, wie er es nennt. Die Führungsspitze seiner Bewegung** achtet sehr sorgfältig auf ihr Image als ordentliche, rechtschaffene Bürger, die nur ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen und um die Zukunft unserer Gesellschaft besorgt sind. Ihr Positionspapier ist bewusst so formuliert, dass es kaum Angriffspunkte bietet. Liest man jedoch zwischen den Zeilen und hört sich an der Basis um, könnte der Widerspruch zum geschriebenen Wort kaum größer sein.
Die „Patriotischen Europäer“ demonstrieren seit zwei Monaten Montag für Montag „gegen die Islamisierung des Abendlandes“ und noch gegen so einiges andere mehr. Gegen Frau Merkel sind sie ebenso wie gegen die GEZ, Gender Mainstreaming und Politik im Allgemeinen, die deutsche Asylpolitik ist ihnen ebenso ein Dorn im Auge wie die Medienlandschaft, die von ihnen nur „Lügenpresse“ genannt wird. Dass Argumente und Artikel auf ihrer offiziellen Seite gern aus Bild, Mopo oder von RTL stammen und von dort unkritisch übernommen werden, scheint dem nicht zu widersprechen. Äußert sich die Presse hingegen kritisch zur Bewegung, lügt sie oder ist gleich vom Staat zensiert worden. Gleiches gilt für den Umgang mit Andersdenkenden. Hinterfragt jemand in einem Forum oder in Kommentaren zu Zeitungsartikeln die Bewegung, entlädt sich sogleich ein Shitstorm der immer gleichen Phrasen: Alle Informationen der Gegenseite stammten aus der „Lügenpresse“, man hätte keine Ahnung, worum es wirklich ginge und sei sowieso nur ein von der „Politelite“ gekaufter und von den „Systemmedien“ fehlinformierter „Gutmensch“. Eines der beliebtesten Argumente ist allerdings der Vorwurf, man habe das Positionspapier ja nicht einmal gelesen, da stünde ja alles drin, worum es geht. 
Ich habe es gelesen. Und die Appelle des Herrn B. auf seiner Facebookseite. Und wochenlang Diskussionen in Foren und auf Facebook und in Kommentarfunktionen von Tageszeitungen verfolgt. (Dafür sollte ich Schmerzensgeld bekommen, das war wirklich gruselig!) Sachargumente? Diskussionen ohne grobe Beleidigungen? Fehlanzeige. Leider. Dafür Beleidigungen der übelsten Art gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund, Politikern, Gegendemonstranten und überhaupt allen, die anders denken oder die Bewegung hinterfragen. Es wird gepöbelt und geschimpft, was das Zeug hält, nicht selten geht es massiv unter die Gürtellinie. Und ja, die Anzahl rassistischer Statements ist groß, riesengroß. Was im Positionspapier bewusst ausgelassen wurde, verstärkt sich an der Basis umso mehr.
Ich stelle mir da so einige Fragen:
1.) Haben diejenigen, die sich in den Kommentaren derart fremdenfeindlich äußern, jemals das Positionspapier gelesen? Dort steht nämlich wörtlich, dass verfolgte Menschen aufzunehmen und human unterzubringen seien.
2.) Haben diejenigen, die immer wieder behaupten, die Bewegung habe mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit überhaupt gar nichts zu tun, jemals die Kommentare ihrer Mitdemonstranten gelesen?
3.) Haben sie, ihrer eigenen Argumentation von der genauen Kenntnis der Gegenseite folgend, eigentlich den Koran schon gelesen, gegen den sie so protestieren?
4.) Wenn die Führung es wirklich ernst meint mit ihrer Aussage, rassistische Elemente gehörten nicht zu ihrer Bewegung - warum distanzieren sie sich dann nicht öffentlich davon? Nicht einmal eine Moderation der üblen Kommentare und Posts in den Foren findet statt!
5.) Warum nennt man sich "Europäer", wenn man sich eindeutig kritisch zu Europa äußert, mit der extrem europhoben AfD sympathisiert, auf den "Spaziergängen" ausschließlich die Fahnen Deutschlands und der deutschen Bundesländer wehen und "deutsch" eines der häufigsten Worte auf den Transparenten ist?
6.) Wenn eine Partei absoluten Mist verbockt, sagen sie dann auch: "Aber im Programm, da stehen doch lauter ganz tolle Dinge, messt die Partei doch bitte an ihren warmen Worten und nicht an ihren Taten" - so, wie sie es für sich einfordern?

Ich verstehe nicht, wie man mit dieser Bewegung sympathisieren kann. Sicher läuft bei Weitem nicht alles richtig in diesem Land. Aber gemeinsam mit offensichtlichen Hooligans, Rechten und Rassisten und einem kriminellen Anführer auf die Straße zu gehen und gegen andere, oftmals schwächere Menschen zu hetzen, halte ich definitiv für den falschen Weg. Deshalb gehe ich auf jede Gegenveranstaltung – auch um zu zeigen, dass Dresden nicht nur aus "patriotischen Europäern" besteht. Dieses Zeichen, vor allem für die Welt außerhalb Dresdens, finde ich wichtig. Aber es reicht nicht, einmal in der Woche im Regen auf die Straße zu gehen. Davon verändert sich nämlich noch nichts. Aus diesem Grund engagiere ich mich seit vielen Jahren als Gründungsmitglied einer aktiven Gruppe unserer Hochschule gegen Diskriminierung jeglicher Art. Ich hinterfrage meine eigenen Vorstellungen und Urteile immer wieder und gehe bewusst auf Menschen zu, die mir fremd sind. Ich erziehe meine Kinder zu offenen und toleranten Menschen. Und wenn in der nächsten Woche nur wenige Straßen weiter das neue Asylbewerberheim öffnet, werde ich vor Ort sein und meine Hilfe anbieten.

Und da gibt es noch etwas, das ich nicht verstehe:
Auf der einen Seite sind da die Menschen, die vor Krieg und Armut ihre Heimat verlassen mussten, mit leeren Händen hier stehen, niemanden kennen, kein Wort verstehen und mit vielen anderen teils menschenunwürdige Massenunterkünfte teilen müssen.
Auf der anderen Seite sind die, die das große Glück haben, in einem freien und reichen Land geboren zu sein, in einem geordneten Sozialstaat zu leben und trotzdem gegen alles Fremde auf die Straße gehen.
Und dann kommen immer wieder welche, die meinen, man müsse die Sorgen und Ängste der Menschen Ernst nehmen.
Die der Demonstranten in dem reichen Land, wohlgemerkt.

 
Noch schlimmer als die Aussagen und groben Beleidigungen der Mitglieder finde ich jedoch deren Wirkung auf unsere Stadt einerseits und den Rest der Welt andererseits. Ich habe das Gefühl, dass Stammtischparolen plötzlich wieder salonfähig werden und sich einige Menschen berechtigt fühlen, unter dem Deckmantel der „freien Meinungsäußerung“ andere Menschen oder ganze Bevölkerungsgruppen öffentlich zu beschimpfen und zu verunglimpfen. In Dresden selbst bekommen das vor allem Menschen aus anderen Ländern und Kulturen zu spüren. Viele sehen sich jetzt verstärkt Anfeindungen und Beleidigungen ausgesetzt. Es ist, als wäre bei den Anhängern dieser fragwürdigen Bewegung auch noch der letzte Rest Anstand verloren gegangen. Eine meiner türkischen Bekannten hat Dresden bereits verlassen, eine Freundin aus Südamerika (die hier verheiratet ist, Kinder hat und nach ihrem Studium hier Vollzeit arbeitet und damit laut P***a in Deutschland sehr willkommen ist) lebt seit Beginn der Demonstrationen in ständiger Angst. Gehässige Kommentare auf offener Straße, ein Abrücken von ihr in der Straßenbahn oder „Ausländer raus!“-Rufe auf ihrer Arbeitsstelle sind für sie seitdem an der Tagesordnung. Montags traut sie sich – wie viele Menschen, denen man ihre Herkunft ansieht – kaum noch auf die Straße. Dass sie weder kriminell noch ein von der P***a so sehr verachteter „Wirtschaftsflüchtling“ ist, kümmert keinen. Da mangelt es leider an der nötigen Differenzierung.
Aber auch außerhalb Dresdens bemerke ich eine starke Tendenz zu Intoleranz und Vorverurteilung. Damit meine ich aber noch nicht einmal diejenigen (und das werden nicht wenige sein), die insgeheim mit dem sympathisieren, was zur Zeit hier geschieht. Ich meine die vielen Menschen in Deutschland und der Welt, die angesichts der aktuellen Vorfälle ihre eigenen Vorurteile gegen Dresdner, Ostdeutsche und Deutsche im Allgemeinen hervorholen und ebenso laut zu Gehör bringen. Kommentarfunktionen und Foren sind voll von üblen Beschimpfungen und gut gehegten Feindbildern gegenüber den Menschen, die hier leben. Da wird verallgemeinert, alles in einen Topf geworfen, nicht differenziert – Stammtischgehabe vom Feinsten. Und das ist keinen Deut besser, als das Verhalten des Gefolges von Lutz B.! Es ist genau das Gleiche, nur mit einem anderen imaginären Feindbild! Denn Intoleranz und Vorurteile bleiben Intoleranz und Vorurteile – egal, wem gegenüber.
Deshalb habe ich ein große Anliegen an alle Menschen, ob Jung oder Alt, in Ost oder West, in Deutschland oder anderswo: Seid offen füreinander! Lasst euch nicht von euren oder fremden Vorurteilen leiten! Werft nicht alle Menschen in einen Topf, nur, weil ihr sie nicht kennt oder ein kleiner Teil von ihnen negative Schlagzeilen macht! Dresden ist NICHT P***a! 20.000 „Spaziergänger“ (von denen laut einer Umfrage die Hälfte nicht aus Dresden kommt) vertreten nicht über 500.000 Einwohner Dresdens, geschweige denn 4 Mio. Sachsen oder 13 Mio. Ostdeutsche.
Kritisiert die einzelnen bedenklichen Strömungen, macht euch stark dagegen, aber setzt ihnen vor allem eins entgegen – etwas, das sie selbst nicht haben, können, wollen: Ein Miteinander statt eines Gegeneinanders. Ein Hinterfragen von Vorurteilen und Klischees, auch der eigenen, oftmals bequemen. Der Blick über den eigenen Tellerrand. Das persönliche Kennenlernen von Fremden, bevor man sich eine Meinung über sie bildet. Das Ersetzen von Gerüchten durch verlässliche Informationen und sachliche Fakten. Eine aktive Mitarbeit gegen Missstände in Stadtparlamenten, Parteien, Bürgerinitiativen, statt nur am Stammtisch und im Internet zu schimpfen. Offen sein. Neugierig bleiben.
Das ist es, was ich mir in diesen Zeiten am meisten wünsche! Von allen Seiten.


* Alle in Anführungszeichen genannten Begriffe in meinem Text stammen aus der Bewegung selbst, nicht von mir.
** Ich nenne den Namen dieser Bewegung bewusst nicht, weil er erstens weithin bekannt ist und ich zweitens kein Interesse an Besuchern auf meinem Blog habe, die danach suchen.


PS.: Am Tag der Anschläge in Paris schrieb ich besorgt einer Freundin folgende Zeilen: "Ich weiß nicht, ob das panisch ist, aber ich mache mir auch Sorgen, dass die Demos der P***a solche Anschläge wie den in Paris anziehen könnten..."
Gestern wurden hier sämtliche Demos und Kundgebungen wegen einer Terrorwarnung abgesagt.... 

Montag, 12. Januar 2015

Bloggerstille

Im Moment geschehen so unerträgliche Dinge um uns herum, in unserer Stadt, unserem Land, der ganzen Welt. Da kann ich nicht bloggen. Nicht Törtchen backen, Kleidchen nähen, Dekoschnickschnack aufstellen. Und auch nicht drüber bloggen oder anderswo davon lesen. Auch finde ich noch keine richtigen Worte, um über all das zu schreiben. Deshalb bleibt es hier wohl noch eine Weile ruhig und ich kommentiere auch kaum bei euch.

Mittwoch, 7. Januar 2015

Von Elstern und Erdbeeren

Wenn es um etwas geht, das glitzert und blinkert, dann bin ich nicht allzu weit vom (biologisch nicht sehr wahren) Ruf einer Elster entfernt: Haben!!! :-)
Ich liebe Schmuck und ganz besonders schöne Ketten und ausgefallen Ohrringe. Armbänder hingegen empfinde ich zumindest im Alltag meist als störend, Ringe mag ich nur sehr ausgewählte und trage nur meinen Ehering dauerhaft und die Zeit der Piercings und Fußkettchen ist zumindest für mich längst vorbei ;-)

Gerade recht kommt mir da Lottas schöne Aktion Schmückendes Beiwerk. Sie hat in ihrem Schmuckkästchen gestöbert, zeigt ausgewählte Stücke und lädt ein, dies ebenfalls zu tun und das Ganze dann auf ihrem Blog zu verlinken.

Und deshalb gibt es heute auch bei mir einen Einblick in meine Schmucksammlung:

Für jeden Tag: Meine Lieblingsketten und -ohrringe praktisch und schön im Badezimmer aufbewahrt. Für mich sind sie wie Wandschmuck, ein buntes Bild mit allem, was ich mag. Gebaut hat mir das Brettchen mein lieber Opa.

Ohrstecker und Armbänder wie mein Pandora-Armband warten in einem von einer Freundin selbst gemachten Faltkästchen auf ihren nächsten Einsatz.

Besonderer Schmuck und solcher, den ich früher trug und von dem ich mich nicht trennen kann, liegt in diesem Köfferchen.

Schmuck habe ich auch für die Haare, fein säuberlich in Spangen und Gummis getrennt.

Einige meiner Lieblingsohrringe seht ihr hier: Anker und Kirschen für den Sommer, Erdbeeren für den Frühling, Kastanien für den Herbst und viele verschiedene rote Ohrringe für meine viele rote Kleidung. Ganz oben hängt ein Button mit einem Spruch meines Lieblingskabarettisten Bodo Wartke.

Schmuck mit Bedeutung: Den Ohrhänger mit den Musikinstrumenten hat mir vor vielen Jahren meine beste Freundin zu Schulzeiten geschenkt und ich habe ihn ewig getragen. Die Anhänger aus Bernstein stammen von schönen Ostseeurlauben, der kleine Stuhl und die Schraube auch aus meinen Jugendjahren. Die goldenen Stecker kommen meinem Hang zur farblichen Perfektion entgegen, denn man kann die Filzpunkte beliebig austauschen und dadurch dem Inneren der Stecker immer die passende Farbe verleihen.

Meine absolute Lieblingskette ist die mit den Gaskugeln in allen Regenbogenfarben. Auf sie werde ich oft angesprochen und sie passt einfach zu allem. Die beiden Silberkettchen sind Geschenke meines Mannes, die ich mir gewünscht hatte und sehr gern mag. Eines davon hat er mir vor einigen Jahren überraschend vor einem Theaterbesuch umgelegt, ganz klassisch romantisch, wie im Film *hach*. Zu dem roten Herzchen habe ich mir auf unserer Hochzeitsreise passende Ohrstecker gekauft. Auch eine schöne Erinnerung!
Für ganz feine Anlässe hole ich das Perlenset hervor, ein Geschenk meiner Oma.

Die Ringe in der oberen Reihe trage ich zwar so gut wie nie, aber sie haben alle ihren Erinnerungswert: v.l.o.n.r.u.: Geburtstagsgeschenk eines guten Freundes, drei Ringe einer verstorbenen Großtante, das kleine Herz ist einer der beiden Ohrstecker, die ich mit fünf bekommen habe, als ich mir meine Ohrlöcher (beim Zahnarzt!) stechen ließ. Der rote Emaille-Ring von FreyWille ist das Geschenk meiner Großeltern anlässlich meines Diploms 2007 gewesen; ich liebe ihn, aber er ist leider mittlerweile zu klein. Der kleine Silberring ist der erste, den mir mein Mann nach mehreren gemeinsamen Jahren auf meinen Wunsch hin geschenkt hat, der goldene daneben mein Verlobungsring. Ganz rechts steckt der Verlobungsring meiner Mutter.
Die silberne Kette mit den grünen Steinen hat mir meine Uroma Rosa, deren Initialen ich seit meiner Hochzeit ebenfalls trage, geschenkt. Sie ist schon über zwölf Jahre tot, aber damit habe ich ein schönes Andenken an sie.
Ganz unten im Bild seht ihr eine meiner Namensketten, die irgendwann in den 90ern sehr in waren. Daneben das blaue Taizé-Kreuz, das ich mir vom Taizé-Treffen in Barcelona 2000/01 mitgebracht habe.

Ihr seht, Schmuck ist bei mir nicht nur schmuck und schön, sondern auch noch mit ganz vielen Erinnerungen verbunden. So, wie ich das am liebsten mag!

Montag, 5. Januar 2015

Berliner Winterzauber

Berlin? Das sieht aber eher nach einem Häuschen in Schweden aus? Stimmt - aber es ist trotzdem hierzulande. Und zwar am Berliner Wannsee, wo wir unseren Jahreswechsel verbracht haben. Die dortige Jugendherberge versteckt sich im nächsten Bild hinter den Uferpflanzen.

An den kalten Wintertagen sah der See wunderschön dunkelblau aus.

Und nachdem es nachts geschneit hatte, war dies der Blick aus unserem Zimmerfenster.

Lieblingsstraßenname :-)

Wir sind sehr oft und gern in Jugendherbergen unterwegs: Familienzimmer mit eigenem Bad, Frühstücks- und Abendbuffets, großzügige Anlagen außen und innen, Kinderfreundlichkeit, günstige Priese und sehr gute Erreichbarkeit per ÖPNV überzeugen uns immer wieder. Nur die Paarzweisamkeit bleibt im gemeinsamen Zimmer mit den Kindern etwas auf der Strecke *ggg*.

Zwischen dem Wannsee und der Stadt liegt der Grunewald, der im Schnee wie verzaubert aussah.

Doch auch die Großstadt lag friedlich unter einer weichen, weißen Decke.

An den Aufschüttungen hinterm Potsdamer Platz haben die Kinder im Schnee gespielt, auf Plastiktüten gerodelt und die Rodelbahn auf dem Potsdamer Platz ausprobiert - ganz geduldig trotz elend langer Warteschlangen.

Für Weihnachten hatte sie die Hauptstadt mit Tausenden und Abertausenden Lichtern festlich herausgeputzt - so schön!

Im Sony Center lief einmal pro Stunde eine Winterzaubershow, bei der eine Fee im Lichterkleid um Dutzende Glitzerkugeln tanzte, alles in buntes Licht getaucht war und sie die Kugeln drehte, qualmen ließ und große Seifenblasen machte. Sehr hübsch! Das kleine Schulkind und ich waren begeistert, das große verdrehte nur die Augen *ggg*.


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