An diesem Wochenende habe ich mir einen großen Wunsch erfüllt und die Herstellung der wunderschönen Glasperlen kennen gelernt. Gemeinsam mit vier anderen perlenbegeisterten Frauen ließ ich mich von der Glasperlenkünstlerin
Karen Zerna in die hohe Kunst des Perlendrehens einweisen.
Zuerst muss frau sich für eine der vielen wunderschönen Glasfarben in Stabform (s. Bild ganz oben) entscheiden (das ist der zweitschwerste Punkt beim Perlen). Dann werden der in Trennmittel getauchte Dorn und der erste Glasstab am Brenner auf 800-1000°C erwärmt.
Nun kann das Wickeln beginnen: Vorsichtig setzt man das orangefarben glühende Glas auf den ebenfalls glühenden Dorn und wickelt es langsam und gleichmäßig ab. Das klingt einfacher, als es tatsächlich ist, denn meine Perlen waren anfangs immer eher eiförmig. Da heißt es dann, geduldig weiter zu drehen, bis Beulen und Huckel ausgeglichen und gleichmäßige Perlen entstanden sind.
Soll die Perle noch dekoriert werden, folgt dieser Schritt jetzt. Die Schwierigkeit dabei: Bis auf Weiß und Transparent glühen alle Farben orangerot, so dass man während des Herstellungsprozesses vom Muster nichts sieht. Man muss sich praktisch merken, welche Farben man bereits verwendet hat und wo das Muster ungefähr angeordnet ist.
Soll es eine Pünktchenperle werden, tupft man vorsichtig und gleichmäßig kleine Mengen Glas einer anderen Farbe auf die Kugel. Diese hält man dazu natürlich wieder in die Flamme, muss aber aufpassen, dass sie sich dabei nicht wieder verformt. Für erhabene Pünktchen kann die Perle so bleiben, für ebene wird weitergearbeitet.
Wenn aus den Pünktchen Herzen oder Blätterranken werden sollen, verzieht man sie mit einem Messer, ähnlich den Mustern mit Himbeersauce auf Vanillepudding. Alles glüht orange und man sieht nicht mehr, so die Pünktchen eigentlich sitzen? Dann schneidet man "blind". Oder das Messer rutscht auf der glatten Glaskugel sowieso zur Seite und erwischt damit nicht die Mitte der Pünktchen, dann ist es auch egal, ob man sie sieht *ggg*.
Wieder alles in der heißen Flamme glätten und schön rund drehen.
Ist die Perle fertig? Dann wird sie gaaanz langsam und immer noch drehend von der Flamme entfernt und anschließend in einem Gefäß mit Vermiculit, einem aufgeschäumten Mineralgranulat, versenkt. Das isoliert sehr gut und verhindert dadurch, dass die Perle ihre Wärme zu schnell abgibt und durch den Temperatursprung platzt.
Vorhin erwähnte ich, dass die Farbauswahl der zweitschwerste Teil des Perlens sei. Hier nun der mit Abstand schwerste: Wenn die Perle fertig gewickelt und verziert ist, aber noch so heiß, dass die Farben noch nicht wieder sichtbar sind, darf man sie nicht anschauen! Man muss sie mindestens eine Stunde lang im Vermiculit liegen lassen! Erst dann darf die Perle ins Wasserbad, um das Trennmittel aufzuweichen und sie von ihrem Dorn zu lösen. Trennmittel auswaschen, abtrocknen - endlich fertig! Nun sieht man zum ersten Mal, wie sie wirklich geworden ist, die Perle. (Und leider auch, ob sie nix geworden ist. Weil die Farben sich so ähnlich waren, dass das Muster so gut wie keinen Kontrast bildet. Oder man die noch viel zu heiße Perle ohne ordentliches Abtempern und mit viel zu viel Wucht ins Vermiculit gesteckt und damit eine an einen Atompilz erinnernde Form geschaffen hat...)
Hier sind jedenfalls meine Ergebnisse der letzten beiden Tage. Ich mag sie, obwohl sie weit entfernt von perfekt sind und einige ursprünglich ganz anders aussehen sollten. Auffällig ist, dass ich nicht einmal zu meiner absoluten Lieblingsfarbe Rot gegriffen habe...
Morgen gibt es dann Teil drei des Kurses, in dem wir noch einige kompliziertere Techniken kennen lernen.
Ich bin ein großer Fan dieser wunderschönen Perlen und trage liebend gern Glasperlenschmuck. Aber die Herstellung ist deutlich schwieriger, als ich erwartet hatte. Ich meine, ich arbeite ja schon sehr lange mit vielen verschiedenen Kreativtechniken und stelle mich dabei meistens auch recht geschickt an. Deshalb hatte ich, um ehrlich zu sein, auch erwartet, dass mir das Perlendrehen nicht schwer fallen würde. Das tut es jedoch und zwischendurch ist es manchmal etwas frustrierend, wenn man vor sich Karens perfekte Kunstwerke liegen sieht und an den Nachbarbrennern viel gleichmäßigere Perlen als die eigenen entstehen. Das Glasperlendrehen ist also vermutlich ein Kunsthandwerk, das viel mehr Übung und Geduld (und ja, auch Misserfolge) als andere Techniken braucht, um es richtig gut zu beherrschen. Meine Sorge, dass mich das Perlen so sehr packt, dass ich umgehend einen eigenen Brenner zu Hause haben möchte, war also unbegründet. Das probiere ich dann doch lieber weiter unter so fachkundiger und geduldiger Anleitung wie der von Karen.
Dennoch bin ich gespannt auf morgen und freue mich schon, aus meinen Perlen etwas Tragbares zu kreieren.